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Drogenpolitik

Wir wissen, dass die Möglichkeiten, sich eine gute Zeit zu verschaffen, im Kapitalismus äußerst
begrenzt sind. Daher nehmen die Falken zur Kenntnis, dass Menschen sich berauschen, um sich
eine solche gute Zeit zu verschaffen. Darüber hinaus werden Drogen dazu eingesetzt, um in
Konkurrenz und unter Leistungsdruck besser bestehen zu können.
Wir sind alle auf die eine oder andere Art beschädigt, haben die einen oder anderen Probleme.
Manche von uns versuchen, dem durch Rauschmittel zu begegnen oder versuchen, der Langeweile
oder dem Stress des Alltags durch Rauschmittel zu entkommen.
Wir wollen ein Vorbild sein. Aber nicht indem wir so tun, als wären wir anders, als wir sind. Sondern
indem wir unsere Probleme ansprechen, um dadurch zu entdecken, dass diese nicht bloß
individuelle Probleme sind, sondern Probleme in und mit dieser Gesellschaft. Auch, indem wir
erkennen und zugeben, dass wir oft keine einfachen Lösungen für diese Probleme und keinen
guten Umgang mit ihnen finden. Wir diskutieren sie mit anderen und suchen gemeinsam nach
Lösungen. Obwohl sich manche Probleme gemeinsam lösen lassen, nehmen wir zur Kenntnis,
dass uns die herrschenden Verhältnisse bei der Lösung vieler anderer Probleme im Wege stehen.
Wir lehnen die Heuchelei ab, mit der alle sich wechselseitig versichern, sie kämen schon klar,
während sich alle fürchten und sorgen. Wir kritisieren, dass die Menschen sich präsentieren, als
wären sie super, während wir und alle anderen von Selbstzweifeln zerfressen sind. Wir lehnen
es deshalb auch ab, so zu tun, als sei uns die Flucht in den Rausch fremd, wenn dies nicht der
Wahrheit entspricht, und erklären stattdessen offen den Genuss, den die Rauschmittel bereiten
können sowie ihre Nebenwirkungen.
Wir weisen darauf hin, dass sich mit dem konkreten Konsum konkreter Rauschmittel konkrete
Nebenwirkungen ergeben. Wir dokumentieren diese Nebenwirkungen in einer extra Liste.
Das Ausgeführte zeigt: Sucht wird als Krankheit des Willens gefasst: Man kann nicht wie man
will, weil man auch gleichzeitig etwas anders will; etwa mit dem Rauchen aufhören und eine
rauchen. Die Vorstellung und die zentrale Bedeutung eines freien Willens und eines Individuums,
das sich bewusst und freiwillig zu seiner Umwelt stellt, sind Produkt der bürgerlichen Gesellschaft.
In ihr sind die Einzelnen zugleich von Tradition und Schicksal emanzipiert. Abhängigkeit
ist vor diesem historischen Hintergrund ein Problem. Zugleich wird dem Individuum zum
Problem, dass es doppelt frei ist: es darf, soll und muss sich mit Willen zu allem möglichen stellen,
gleichzeitig ist es – soweit es lohnabhängig ist – aber auch „frei“ von allen Mitteln, die es
zum Bestreiten seines Lebens braucht.
Neben diesen konkreten Gefahren der konkreten Rauschmittel besteht fast immer die Gefahr
der Sucht.
Wir weisen nachdrücklich darauf hin, dass die Sucht in Widerspruch zu dem steht, was diejenigen,
die sich berauschen wollen, im Rausch suchen: sie macht den Süchtigen den Alltag ohne
Droge noch unerträglicher, als er ohnehin bereits ist. Die Droge hört in dem Moment auf, in erster
Linie ein Mittel zu sein, sich eine schöne Zeit zu verschaffen, und wird vornehmlich ein Mittel,
um die eigene Sucht zu befriedigen. Unabhängig davon, ob Sucht nun heißt, immer auf der
Suche nach dem Genuss zu sein, den man vor der Abhängigkeit beim Konsum verspürte, das
Gefühl, ohne die Droge seinen Alltag nicht bewältigen oder überhaupt nicht mehr leben zu
können, oder eben körperliche Abhängigkeit. Verglichen mit der Befriedigung der Sucht wird alles
andere nebensächlich – andere schöne Dinge kann man so kaum mehr genießen. Wir verlieren
in ihr ein weiteres Stück freier Verfügung und müssen stattdessen einem weiteren Zwang
Folge leisten.
Wir weisen jedoch auch nachdrücklich darauf hin, dass die schädlichen Folgen der Sucht fast
immer auch eine soziale Komponente haben: Krankheit und Elend sind nicht einfache Folgen
der stofflichen Seite der Droge und ihres Konsums, sondern des Umstandes, dass wir nur über
begrenzte Mittel zur Gestaltung unseres Lebens verfügen und wir, einmal süchtig, Prioritäten
zu setzen gezwungen sind, die unser Dasein erst wirklich elendig machen. Wer das wenige
Geld, das er oder sie hat, für Drogen ausgeben muss, kann es nicht für Essen und Wohnen ausgeben
und muss die Folgen schlechter Unterbringung und mangelnder Ernährung ertragen. Die
Reichen hingegen können ihren Konsum bezahlen, ohne Abstriche an ihrer sonstigen Lebensqualität
zu machen.
Wir nehmen zur Kenntnis, dass der Staat sich einen Dreck darum schert, ob Schule, Arbeit und
Uni uns krank machen, solange wir unseren Aufgaben nachkommen, aber plötzlich ein umfassendes
Interesse an unserer Gesundheit entdeckt, wo Schäden entstehen, die Folgen eines Genusses
oder einer Sucht sind, die nicht verwertbar sind.
Deswegen kritisieren wir das staatliche Regime über unsere Körper, die den Staat bloß als die
Körper seiner Staatsbürger*innen und Arbeitskraftbehälter interessieren.
Vor diesem Hintergrund fordert die Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken:

  •  ein Ende der Stigmatisierung und Kriminalisierung von Drogenkonsument*innen
  •  die Legalisierung aller Rauschmittel
  •  die staatliche Kontrolle über Produktion und Abgabe von Rauschmitteln sowie regelmäßige
    Qualitätskontrolle. Den Ausbau von Maßnahmen und Einrichtungen, die die Lebenssituation
    von Süchtigen verbessern
  •  den Ausbau von Maßnahmen und Einrichtungen, die Süchtige dabei unterstützen, clean zu
    werden oder die eigene Sucht zu kontrollieren
  •  eine steuerfinanzierte Aufklärung über die gesundheitlichen Risiken der Selektion in Schule
    und Universität, von Armut und von Lohnarbeit, dabei besonders schwerer körperlicher
    Arbeit, monotoner Arbeit, Überstunden und Stress.

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